„Berta hat ein Kämpferherz“
Olympia im Kopf: Während im südkoreanischen Pyeongchang die Biathleten Medaillen holen, probt der Nachwuchs in Oberhof bei der dritten Station des DSV Schülercups für die eigene große Zukunft. Von Karsten Tischer
Oberhof – Fast traut man Berta Leubner gar nicht zu, dass genau dieses Mädchen im Moment Thüringens beste Nachwuchs-Biathletin ist. Aber der erste Eindruck täuscht eben manchmal. Als Berta Leubner beim Einzelrennen in Oberhof am Start steht, wirkt sie viel kleiner und zierlicher als ihre Konkurrentinnen. Als Letzte geht sie am ersten Tag in den mittlerweile sehr tiefen Schnee. Nach acht Kilometern und etwas mehr als einer halben Stunde ist die 14-Jährige vom WSV Oberhof im Ziel. Leubner braucht nicht lange, um wieder zu Kräften zu kommen. Die anderen Läuferinnen kommen auf sie zu und gratulieren. Man ist per Du. Leubner hat den vierten Platz ergattert – trotz tiefen Schnees und langsam schlechter werdender Wetterbedingungen. Aber all das scheint sie nicht zu stören. „Manche haben gute Bedingungen, andere schlechtere. Das ist eben so.“ Sie sieht es sogar positiv, dass sie am ersten Wettkampftag des DSV Schülercups in Oberhof als Letzte auf die Strecke musste. „Da hat man weniger Druck, denn hinter einem kommt niemand mehr, der einen überholen kann“, sagt sie und nimmt noch einen Schluck warmen Tee. Dank Berta Leubner habe man, sagt Biathlon-Landestrainer Hartmut Gollhardt, eine gute Ausgangsposition fürs Cup-Finale, das im März in Ruhpolding steigt. „Mit ihr sind wir in Schlagposition – und das, obwohl Berta den anderen noch weit unterlegen ist. Aber Andrea Henkel war in dem Alter auch nicht größer. Und Berta hat ein Kämpferherz.“ Im Moment liegt Berta Leubner bei den Mädchen der Altersklasse der U15 auf dem dritten Platz. Zehn Punkte fehlen auf Deutschlands beste Biathletin in diesem Alter, Charlotte Gallbronner aus Baden-Württemberg; neun Punkte Abstand sind es auf die Zweitplatzierte vom Bayerischen Skiverband. Der Süden der Bundesrepublik dominiert das Gros der Wettbewerbe – schon allein wegen der schieren Zahl an Nachwuchsläufern, die am Schülercup teilnehmen. Gerade deshalb ist Gollhardt mit dem Abschneiden der Thüringer in der Altersklasse der 14-Jährigen sehr zufrieden. „Das war gegen die starke Konkurrenz aus Baden-Württemberg so nicht zu erwarten gewesen. Bei den Jungs hatten wir einige unter den ersten Zehn.“ Die „Jungs“, von denen Gollhardt spricht, heißen unter anderem Silas Merten, Lukas Schmeiß und Marlon Greiner. Alle drei holen fast durchgängig einstellige Platzierungen. Zusammen harmonieren sie sogar noch besser: Als am Sonntag die Staffel gelaufen wird, kommt das Südthüringer Trio als Erstes ins Ziel – mit 3,6 Sekunden Vorsprung vor den großen Konkurrenten aus Baden-Württemberg. Alle drei stehen auch in der Gesamtwertung gut da, wenngleich der Staffelwettbewerb keine Cup-Zähler, dafür aber den deutschen Meistertitel einbrachte. Bester Thüringer in der Altersklasse ist Paul Günther auf Rang fünf. Der Mann vom SV Frankenhain besucht im ersten Jahr das Sportgymnasium in Oberhof. Ein Wechsel, der nicht einfach war. Das Training sei nun deutlich härter und das Gefühl, nicht mehr daheim sein zu können, irgendwie „komisch“. Trotzdem läuft Günther am vergangenen Wochenende einmal unter die Top Ten. „Olympia motiviert“, sagt er nach dem ersten Rennen. Erik Lesser sei das große Vorbild. Man kennt sich natürlich aus dem Verein. Doch die parallel stattfindenden Olympischen Spiele kitzeln nicht bei allen Topleistungen hervor. Manch einer will mehr, als der eigene Körper zulässt: Helena Petter vom WSV Trusetal hat beim Auftaktrennen in der letzten Runde mit Kreislaufproblemen zu kämpfen. Sie rettet sich noch ins Ziel, holt mit Rang 15 das beste Thüringer Ergebnis bei den Mädchen der Unter-13-Jährigen. Zum Rennarzt auf die Pritsche ging es danach trotzdem. Sicher ist sicher. Hinter Petter tummeln sich eine ganze Schar Thüringer Starter. So ist der Landestrainer alles in allem zufrieden: „Es war eine deutliche Leistungssteigerung zum letzten Jahr.“ Vielleicht auch, wie er meint, weil diese Saison die erste seit Jahren gewesen sei, in der man wieder einen stabilen Winter hatte und die Kinder auf Schnee trainieren konnten. Was Gollhardt dagegen wurmt, ist das Abschneiden der U14-Starter – also jenes Jahrgangs, der von einer baldigen Aufnahme aufs Sportgymnasium träumt. Auch hierfür sind die Ergebnisse im Schülercup wichtig. Krankheitsbedingt mussten einige Ausfälle verkraftet werden. Eine Entschuldigung könne das nicht sein. Gollhardt spricht von einem „tüchtigen Nachholbedarf“ und von „Luft nach oben“. Mehr Bilder: www.insuedthueringen.de
Sieg mit der Staffel: Lukas Schmeiß (Foto), Silas Merten und Marlon Greiner dürfen sich Deutsche Meister nennen. Sie gewannen das Staffelrennen in Oberhof
Thüringens beste Nachwuchsbiathletin: Berta Leubner, 14 Jahre alt, vom WSV Oberhof. Fotos: König
Freies Wort vom 24.02.2018